FILMUNIVERSITÄT BABELSBERG 17:00 UHR RAUM 5204
(auch via Zoom)
ANMAßUNG

111 min – HD – Farbe – Deutschland 2021, Buch und Regie Chris Wright & Stefan Kolbe > wright-kolbe-film.de
Montage // Chris Wright
ANMAßUNG lief im Herbst 2021 auf der Duisburger Filmwoche. Aus dem Diskussionsprotokoll: ANMAßUNG ist der sechste Film von Kolbe und Wright in Duisburg. Die Beiden sind der unbequeme Sessel im Wohnzimmer der Filmwoche. Irgendwie cool, aber länger drauf sitzen will niemand. Ihre Protagonist:innen sind Ausrangierte und Abservierte, deren Verlorenheit wie ein kalter Winterhauch von der Leinwand weht. Auch S., die Hauptfigur im neuen Film, ist verloren, in sich und in der Gesellschaft – aber: Er ist kein Opfer von Gewalt wie die Protagonist:innen davor, sondern ein Täter. Er hat eine Frau umgebracht. Weitere Stimmen: Bei ANMAßUNG von Stefan Kolbe und Chris Wright handelt es sich zweifelsohne um die lautere, sprödere Arbeit. Zumindest wird sich über diesen Film und das Auftreten des Regie-Duos so rege gestritten, dass einige Besucher*innen eine Reinkarnation der berüchtigten Duisburger Diskussionskultur beschwören. (Anne Küper, critic.de) Anders als die halbherzigen Gespräche vieler anderer Festivals sind die Diskussionen in Duisburg dank der im Saal versammelten Kompetenz ebenso prägend für den Eindruck, den ein Film hinterlässt, wie die Vorführung selbst. Das mussten Stefan Kolbe und Chris Wright gleich am zweiten Abend erfahren, als ihr Film ANMAßUNG über einen Sexualmörder in der Diskussion zerlegt wurde. (Fabian Tietke, taz.de)
2015 lernen Wright und Kolbe den Strafgefangenen Stefan S. kennen. In der Sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Brandenburg absolvieren sie gemeinsam die Therapiegruppe „Männlichkeit und Identität“. Der erste Eindruck vom höflichen, schüchternen Mann wird von einem der Justizbeamten kommentiert. Stefan S. sei ein eiskalter Frauenmörder, ein Sexualstraftäter.
Vier Jahre begleiten Wright und Kolbe Stefan S. Es sind die letzten Jahre seiner lebenslangen Haftzeit. In dieser Zeit absolviert Stefan S. eines der fortschrittlichsten Programme zur Behandlung von Gewalt- und Sexualstraftätern. Seine Entlassung rückt näher.
Wright und Kolbe fragen sich zunehmend, was sie hier tun. Was wollen sie von diesem Protagonisten? Was kann man von diesem Mann, seiner Geschichte, seiner Tat begreifen? Und immer wieder die Frage, was soll, was kann aus diesem Mann werden? Lassen sich die toxischen Verhaltensweisen von Stefan S. überhaupt therapieren?
Stefan S. lässt sich nur sehr ungern auf den Film ein. Er möchte nicht erkannt werden. Also verlagern Wright und Kolbe ihre Erzählung über ihn in den Theaterraum. Hier wird Stefan S. von einer Puppe vertreten, geführt von zwei Spielerinnen. Es mischen sich filmische Formen. Wir geraten an die Grenzen des Darstellbaren, an die Schranken unserer Vorstellung. Wie eine der Spielerinnen sagt: Alles, was wir hier tun, ist anmaßend.
zu Gast // Chris Wright
1972 geboren in Bolton, Nord-England. Studium in Cambridge und an der Filmhochschule Konrad Wolf Potsdam-Babelsberg. Lebt seit Mitte der 1990er in Berlin. Er arbeitet als freier Dokumentarfilmer sowie als Editor und Schnittberater für Dokumentar- und Spielfilme. Er unterrichtet an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) und ist seit 2020 Teil des Tutorenteams bei dok incubator.
Er montierte unter anderen Salomé Jashi’s TAMING THE GARDEN (Sundance, Berlinale Forum 2021) und Thomas Heise’s HEIMAT IST EIN RAUM AUS ZEIT (Berlinale Forum 2019, Preise weltweit). 2020 war er nominiert für den Schnittpreis der VG Bildkunst. Für die Montage von Susanne Binninger’s FIGHTER bekam er 2017 den Deutschen Kamerapreis für den besten Schnitt.
Buch und Realisierung Chris Wright und Stefan Kolbe
Puppenspiel Nadia Ihjeij & Josephine Hock
Bild Stefan Kolbe
Montage und O-Ton Chris Wright
Szenenbild Luise Ehrenwerth
Puppenbau Peter Lutz
Tongestaltung Rainer Schwarte
Tonpostproduktion Soundgarten
Farbkorrektur Alex Beyer und Stefan Kolbe
Redaktion Nicole Baum (3sat)
Produzent Heino Deckert
Musik Johannes Winde
Produziert von ma.ja.de Filmproduktion und kolbewright in Koproduktion mit ZDF/3sat.
Weltvertrieb Deckert Distribution
Verleih GMfilms