17:00 Uhr, Raum 1104.
Künstlerin mit Schwerpunkt Archivforschung
Angela Melitopoulos, geboren 1961 in München, lebt in Berlin. Sie entwickelt seit 1985 Kunstprojekte mit zeitbasierten Medien, die sich mit Mobilität/Migration, Mnemotechniken und Mikropolitiken befassen. Verknüpfungen zwischen Montage, Archiv und Performance spielen dabei eine zentrale Rolle, in der es immer um die Realisierung neuer, experimenteller Formate geht. Die Produktionen (Videoessays, Installationen, Expanded Lectures, Live-Montagen, Seminare) enstehen in interdisziplinären Forschungsprojekten (z.B. „Passing Drama“, „B-Zone. Becoming Europe And Beyond“, „Liminal Zones“, „Möglichkeitsraum“, „Assemblages“). Ihre Videoarbeiten sind auf zahlreichen Kunstausstellungen, Filmfestivals und Symposien in Deutschland und im Ausland zu sehen (u.a. Berlin Documentary Forum, Berlinale Forum Expanded, Athens Biennale, Antonin Tapies Foundation Barcelona, KW Institute for Contemporary Art Berlin, Manifesta 7, Centre Georges Pompidou Paris, Whitney Museum New York, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía) und wurden mehrmals ausgezeichnet. Sie ist derzeit Gastprofessorin an der Universität der Künste in Berlin und realisiert mit dem Philosophen Maurizio Lazzarato das Projekt „Assemblages“ über den Psychiater und Philosophen Felix Guattari.
http://gentiliapri.com/artists/bio/angela_melitopoulos/
In Kooperation mit dem Studiengang Regie.
„Die Familie, in die wir hineingeboren werden, bestimmt unseren weiteren Weg.“
Was ist das, was in uns lügt, neidet, tötet?
Mich interessiert der Mensch. Besonders der Echte! So aus Fleisch und Blut, mit all seinen Unzulänglichkeiten und der Anmut darin. Als Filmemacherin sind für mich Gedanken mit echten Menschen leichter als in einer Idealheldenmanier vermittelbar. Und zwar aus dem einfachen Grund: Sie sind wie Ich. Das heißt, ich empfinde Empathie. Diese Thematik interessiert mich so sehr, dass ich unlängst beschloss, sie innerhalb meiner eigenen Familie zu suchen. Denn nirgendwo sonst sind Menschen offener als in ihrer eigenen Familie. Auch, wenn eine Kamera dabei ist. In dieser kleinsten gesellschaftlichen Einheit erzählt der Film auf Augenhöhe von Menschlichkeit, von Macht und der Prägung der Familie.
Dazu gibt es heute zwei Lager. Die Einen meinen: Wir sind dazu bestimmt, das Eine zu werden, was uns familienbiografisch und sozialpsychologisch in die Wiege gelegt wurde. Eine Entscheidungsgewalt existiert nicht. Und die Anderen sind der Ansicht: Es gibt sie sehr wohl. Jeder hat die Möglichkeit sein Leben so zu gestalten, wie es einem lieb ist.
Ich selbst handelte intuitiv immer selbstbestimmt. Doch je älter ich wurde, desto mehr verschwamm für mich die Grenze zwischen einem selbstbestimmten Handeln und dem Nacheifern einer vorherrschenden Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens. Mit diesen Gedanken nähere ich mich in diesem Film meiner Familie. Am Ende schaffe ich es sogar bis zu mir selbst vorzudringen. Einer Versuchsanordnung gleich stelle ich mich meiner Vergangenheit, schaue, was passiert und werde mit einer derartigen Wucht getroffen, dass es mir nur so um die Ohren fliegt.
Nein, diesen Film habe ich wahrlich nicht geplant, er ist mir passiert. Ob das gut ist, wage ich zu bezweifeln, doch es musste wohl sein. Am Ende meiner emotionalen Reise stelle ich schlussendlich fest: Es gibt kein Entkommen. Lebe damit oder lass es sein. Immerhin gefällt mir der Gedanke, dass solange sich die Pilavcis den alltäglichen Anforderungen stellen, die Welt nicht ganz so verkorkst sein kann, wie in meinen tiefsten Ängsten.
„„Alleine tanzen“ ist aus der Ich-Perspektive erzählt und von einer Intensität, der man sich kaum entziehen kann. Geschwister und Eltern spielen teils widerwillig mit, sprechen aber frei über das, was ihnen in der Kindheit angetan wurde. Ob das therapeutische Unternehmen im echten Leben gelingt, ist fraglich. Als Zuschauer ist man Biene Pilavci für ihren Film dankbar.“
taz, 5.11.2012
Über Euer Kommen freuen sich,
Szilvia Ruszev und Angelika Lepper
Zu Gast:
Catrin Vogt: Zur Montage von Vergiss mein nicht.
Vergiss mein nicht, D, 88 min, Buch, Regie: David Sieveking, Montage: Catrin Vogt
In dem Film erzählt Sieveking von der Pflege seiner an Alzheimer erkrankten Mutter Gretel. Die Veränderung und das Fortschreiten der Krankheit stellen die Familie vor enorme Herausforderungen und so kommen auch schwelende Konflikte an die Oberfläche. Gerade unter der Belastung finden sie aber neu zusammen. David Sieveking kommt seinen Eltern näher und erfährt vieles aus deren Vergangenheit, während seine Mutter ihre Erinnerung verliert.
Der Film startet in den deutschen Kinos im Januar 2013 – gleichzeitig erscheint das Buch zum Film bei Herder.
„Die manchmal komischen, dann wieder beklemmenden Momente mit einer bereits stark vergesslichen Gretel Sieveking, die Erschöpfung des pflegenden Vaters, die schmerzhaften Diskussionen um Heimpflege und die Unmöglichkeit eines schrittweisen Abschieds verwebt Sieveking zum anrührenden Porträt einer Familie, die sich mit der irreversiblen Erkrankung der Mutter auseinandersetzen muss.“ (nzz, 8.8.12)
Catrin Vogt
Diplom-Filmschnittmeisterin
1993 Ausbildung zur Film- und Videolaborantin in Hamburg (Atlantik
Filmkopierwerk)
1996 Studium „Montage“ (HFF Potsdam-Babelsberg)
seit 2000 Filmeditorin mit Schwerpunkt Dokumentarfilm
Filmarbeiten (Auswahl) :
2012 „Die schöne Krista“, Dokumentarfilm, 90 Minuten
Regie: Antje Schneider, Carsten Waldbauer
Kamera: Carsten Waldbauer
Produktion: Lichtblick Media, Carl-Ludwig Rettinger
ZDF Kleines Fernsehspiel
2012 „Vergiss mein nicht“, Dokumentarfilm, 88 Minuten
Regie: David Sieveking, Kamera: Adrian Stähli
Produktion: Lichtblick Media, Martin Heisler
BR/HR/arte
ausgezeichnet als BESTER FILM beim 65. Festival del film
Locarno – Settima de la Critica, 2012
ausgezeichnet mit dem Preis des Goethe-Instituts beim DOK
Leipzig, 2012
Hessischer Filmpreis 2012 für den Besten Dokumentarfilm
2011 „Weißes Blut“, Dokumentarfilm, 75 Minunten
Regie: Regine Dura, Kamera: Johann Feindt
Produktion: Lichtblick Film, Carl-Ludwig Rettinger
ZDF/arte
2010 „Tough Men“, Dokumentarfilm, 90 Minuten
Regie: Tanja Hamilton, Kamera: Claudia Rauch
Produktion: Lichtblick Media, Martin Heisler
arte
2009 „Das Leben ist kein Heimspiel“, Dokumentarfilm, 90 Minuten
Regie: Rouven Rech, Frank Pfeiffer
Kamera: Frank Pfeiffer
Produktion: Sommerhaus Filmproduktion, Jochen Laube
ZDF – Das Kleine Fernsehspiel
„Angelika Levis Stimme führt wie ein Faden durch ihre Filmografie. Die Filmemacherin ist auch darin sichtbar – mal mehr, mal weniger, es ist, als schwebe sie durch ihre Filme. Ausgangspunkt ihrer Assoziationswelten ist ihre unmittelbare Erfahrungswelt. Immer wieder fixiert sie ihren Standort, um sich der eigenen Identität zu versichern, und sich dann wieder dem Fluss der Imagination hinzugeben. Weder kreist sie dabei um sich selbst, noch verliert sie den Halt. Stattdessen schafft sie ein Vertrauen, das es dem Zuschauer erlaubt, den Assoziationsketten frei zu folgen und in unbestimmten Wahrnehmungsprozessen eine Methodik der Gesellschaftsanalyse zu erkennen, die niemals einen Abschluss finden kann.“
arsenal institut für film und videokunst e.V.
Essayistischer Dokumentarfilm über verschiedene Formen des Reisens: Urlaub und Migration, gewollte und erzwungene Rückkehr. Die senegalesischen Reisenden sagen: „Entweder du gehst nach Barcelona oder nach Barsaak.“ – In Wolof bedeutet das Wort Barsaak „Totenreich“, der Ort, von dem du nicht zurückkommst.Benji, ein Freund der Filmemacherin Angelika Levi, ist verschwunden. Er wurde 1979 als kleines Kind aus Namibia in die DDR gebracht und 1990 nach der Wiedervereinigung dorthin zurückgeschickt. Angelika Levi lernte ihn 1991 bei Dreharbeiten in Namibia kennen. Zwei Jahre später reiste Benji per Anhalter, als Tourist verkleidet, nach Europa zurück.
„Absent Present“ skizziert Stationen von Benjis Leben und sucht nach Hintergründen und Ursachen für sein Verschwinden. Eine Suche, die zum Ausgangspunkt für eine Reise wird, die von Deutschland nach Namibia, aufs spanische Festland und die Kanarischen Inseln bis in den Senegal führt. Eine Reise an Durchgangsorte, die vom kontinuierlichen Weggehen und Ankommen geprägt sind: Meer, Strand, Wald, Flughafen. Je nachdem wer sich dort in welcher Situation befindet, stehen sie für Abenteuer, Urlaub, eingesperrt sein, Abschiebung. Angelika Levi reflektiert assoziativ über postkoloniale, ökonomische und biopolitische Verwerfungen und sucht dabei nach einer Bild-Sprache, die nicht ausgrenzt. Der Film erzählt von Menschen, die ihre nationale Identität verändern oder ablegen müssen, von Benjis Widerstand und von den Strategien für denerneuten Eintritt in das abgeschottete Europa.
Angelika Levi
Biografie
Geboren 1961 in Bonn-Bad Godesberg. 1986-1992 Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Für den Kurzfilm FAUST AUFS AUGE (1988,Co-Regie:Antje Schäfer) erhielt sie den No Budget Videopreis Hamburg, für DESIREE & POLYLEPIS (1994) vergab die FilmbewertungsstelleWiesbaden das Prädikat „wertvoll“.MEIN LEBEN TEIL 2, ihr ersterlanger Dokumentarfilm lief beimInternationalen Forum des JungenFilms der Berlinale 2003 und gewann verschiedene Preise. Sie realisiert nicht nur eigene Projekte, sondern arbeitet auch als Dramaturgin,Cutterin und Dozentin.
Kurz-Filmografie
1984 ARIEL Co-Regie:Lilly Grote
1987 S.A.R.K.ODER DIE BLOCKDURCHQUERENDEFUSSWEGACHSE ALS STATIONENWEG
Co-Regie:Martin Zawadzki
1988 FAUST AUFS AUGE Co-Regie:Antje Schäfer
1989 AUF GEHT’S.ABER WOHIN?
1990-1992 DAS KLEINE OBJEKT A
1994 DESIREE & POLYLEPIS Co-Regie:Joseph Stöhr
2003 MEIN LEBEN TEIL 2
2005 HAY QUE GASTAR DINERO
2010 ABSENT PRESENT
2011 THE CHILDREN OF SRIKANDI (Workshop-Projekt in Indonesien)
2011 WALK WITH HERI (in Postproduktion)
„Steckt im Daumenkino die Sehnsucht, bewegte Momente festzuhalten und sie an jedem Ort, an dem ich mich befinde, wieder entstehen lassen zu können? Steckt dahinter der tieferliegende Wunsch, die Zeit nicht nur anzuhalten, sondern sich frei in ihr bewegen zu können, indem man im Daumenkino als Schöpfer des Geschehens für Sekunden aus dem Zeitfluss heraustritt, der gewöhnlich alles mit sich fort reißt?“
Volker Gerling „Der Mantel der Eigenzeit“ Gedanken zum fotografischen Daumenkino
Volker Gerlings Daumenkino ist mittlerweile legendär: Er ist 3000 Kilometer zu Fuß durch Deutschland gelaufen und porträtierte dabei Menschen, denen er auf seinen Wanderschaften begegnete, in Form fotografischer Daumenkinos. In Gerlings magischen Porträtstudien entsteht so eine leichtfüßige und gleichzeitig tiefsinnige Reflexion über die Flüchtigkeit des Moments und die Bedeutung der menschlichen Begegnung. Das Stück „Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt“ wurde zu zahlreichen internationalen Theaterfestivals in ganz Europa eingeladen.
„Stiller, schlichter und schöner kann Kunst nicht sein.“ Tagesanzeiger Zürich
„Der inzwischen zum Klassiker avancierte Daumenkinoabend von Volker Gerling zeigt ein Psychogramm der Republik in den Nullerjahren, so eindrücklich, unprätentiös, liebevoll wie selten.“ Theater der Zeit, März 2010
„Gerling gelingt, was der darstellenden Kunst öfter gelingen sollte: zu zeigen, was für ein unerschöpflich interessantes Thema Menschen sind“ FAZ
Volker Gerling, geboren 1968, 100 Jahr nachdem in England das Daumenkino patentiert wurde. Studium an der Filmhochschule „Konrad Wolf“. Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Fotografie und Film seit 1998. Seit 2001 Ausstellungen, Performances und Vorträge im In- und Ausland.
Mittwoch 06.06.12 17:00 Uhr HFF Kino 1104
Nach einem Jahr an der Filmhochschule in Łódź (Polen) sehen wir zwei kurze Dokumentarfilme, die während meines Montage- und Regiestudiums dort entstanden sind.
„Navždy mladý“ (Ewig jung), 12 Min
Wenn ein junger Mensch stirbt, was passiert dann mit seinem Facebook-Account?
Wie kombiniert man in der Montage eine persönliche, tragische Geschichte mit einem globalen, absurd-komischen Thema?
Wie montiert man, wenn die Hälfte des Materials erst während des Montageprozesses generiert wird?
„Z długimi włosami jesteś ładniejsza“ (Mit langen Haaren siehst du schöner aus), 16 Min
Inwieweit beeinflussen sich mein Aussehen und das Gefühl, welches ich zu meinem Körper habe?
An welchem Punkt im Montageprozess vergisst man, dass es um ein ganz persönliches Thema geht, und sieht das Material von außen?
Wie kann man in einem viertelstündigen Film die Themen Körper, Aussehen, Körpergefühl, Gender und Frausein miteinander verbinden?
Wie kann man gleichzeitig Regisseurin und Editorin und Protagonistin in einer Doku sein?
Studieren in Łódź
Wie unterscheiden sich die beiden Hochschulen, die beiden Montage-Studiengänge?
Wie definiert man Montage in Polen?
Wie definieren sich die Editoren selbst, während und nach der Ausbildung?
Carlotta Kittel studiert Montage an der HFF „Konrad Wolf“